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St. Josefskirche in Redl-Zipf
Karl Angerbauer (Linz) - Artikel in der Zeitschrift Christliche Kunstblätter, 1956/4
Am 25. und 26. September 1955, fast genau zwei Jahre nach der Grundsteinlegung, wurde durch den hochwürdigsten Bischof Doktor Zauner die Kirche in Redl-Zipf konsekriert. Der Baubeginn ist noch um ein halbes Jahr vorzudatieren, so daß mit der Kirchweih eine zweieinhalbjährige Bauzeit ihren Abschluß fand.
Schon die Tatsache, daß die Grenzen zweier Pfarren (Der Kirchensprengel ist inzwischen mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1956 Expositur geworden) mitten durch den Kirchenbauplatz gingen und eine dritte Pfarre mit ihren Grenzen auch bis in die Nähe der jetzt stehenden Kirche reicht, macht es verständlich, daß dieses noch immer wachsende Siedlungsgebiet eine eigene Seelsorgestation brauchte. Um so mehr als der schon seit zwei Jahrzehnten im Turnsaal der Volksschule Zipf stattfindende Sonntagsgottesdienst immer stärker als Notlösung empfunden wurde. Eine Vorplanung und der für die Ausführung bestimmte Baugrund wurden nach eingehender Überlegung als durchaus unbefriedigend bei der Neuplanung außer acht gelassen.
St. Josefs Kirche Redl - Zipf, Chistliche Kunstblätter 1956 Die Neuplanung wurde dem aus Zipf gebürtigen Wiener Architekten Dipl.-Ing. Otto Nobis übertragen, der so Gelegenheit erhielt, für seinen Heimatort eine Kirche zu schaffen.
Die Lage der Kirche westlich der Verbindungsstraße zwichen den Ortschaften Zipf und Redl ist im Hinblick auf die tatsächliche Besiedlung gut gewählt und trägt auch einer Weiterentwicklung der Besiedlung Rechnung.
Die Außenansicht der Kirche (Abb. 56) ist vor allem dadurch zu charakterisieren, daß die Kirche nicht allein steht, sondern mit dem Pfarrhof und dem Kindergarten eine bauliche Einheit bildet und an der Nordwestseite der Kirche die Totenkammer unmittelbar angebaut ist, aber einen eigenen dem Turm gegenüberliegenden Eingang hat. Daß die Kirche nicht traditionsgemäß geostet ist, sondern Nordost-Südwest orientiert ist, die Apsis daher im Nordostteil liegt, ergab sich aus der Notwendigkeit, das Kirchenschiff parallel zur Straßenseite zu stellen. Die Größe des Bauplatzes erlaubte es, die Kirche in ihrer Längsfront 20 Meter von der Straße bis an den Baumbestand eines angrenzenden Parkes zurückzurücken. Der Pfarrhof schließt unmittelbar an die Apsis der Kirche in einem rechten Winkel an. Die Sakristei reicht zur Hälfte noch in das Gebäude des Pfarrhofes hinein. Ebenso schließt unmittelbar  an den Pfarrhof der Kindergarten im rechten Winkel an. Seine Längsfront ist nur leicht von der Schmalfront des Pfarrhofes abgesetzt. Es entstand so durch Pfarrhof und Kirche auf zwei Seiten und einer Baumgruppe auf einer dritten ein sehr schöner Kirchenvorplatz, der es den Gläubigen ermöglicht, bei festlichen Anlässen sich dort zu versammeln oder auch der Aufführung eines Weihespiels beizuwohnen. Dem Einzelnen wird er in seinem Durchschreiten zu einer Zone des Schweigens und der Sammlung, die ihn auf die Stille des Gotteshauses vorbereitet.
Die räumliche Verbindung von Kirche, Pfarrhof und Caritas stellt übrigens, wie die Richtlinien der Liturgischen Kommission Deutschlands (Ars Sacra 1952-1953, Seite 19) betonen, ein Ideal dar, weil „damit die engen Beziehungen von Gotteshaus und Priester, Eucharistie und Caritas, Sakrament und Erziehung auch äußerlich sichtbar werden“.
Freilich birgt diese enge Verbindung der verschiedenen Zwecke dienenden Gebäude auch ein Gefahrenmoment in sich. Wenn man sich nämlich der Kirche von der Ortschaft Zipf aus nähert, beeinträchtigt die 26 Meter lange Front des Kindergartens (zwei Aufenthaltsräume, Waschraum, Schwesternzimmer, Küche) etwas den Blick auf die Kirche. Zum Beispiel sind die in ihrer Sichtwirkung von außen besonders schön gegliederten Apsisfenster der Kirche von hier aus nicht sichtbar. Doch reichen Kindergarten und Pfarrhof mit ihren First nicht über die Mauergrenze der Kirche hinaus, so daß durch diesen Höhenunterschied deutlich das doch ganz Andere des Gotteshauses zum Ausdruck kommt.
Wesentliches Gegengewicht gegen die Gefahr einer Überbetonung der Anbauten von Kindergarten und Pfarrhof rechts an der Straßenfront der Kirche bildet ihr schlanker Turm an ihrer linken Seite. So wie an der Straßenseite die Linienführung des Baukomplexes vom niederen Kindergarten und Pfarrhof über das höhere Kirchenschiffdach zum Turm empor steigt, so führt die lange asymmetrische Linie des Giebels an der Südwestseite der Kirche, die für das Auge nur wenig über dem Boden beginnt, den Blick auch von dieser Seite wieder hin zum Turm. Dieser wirkt mit seiner fensterlosen Vorderfläche, die in einem stumpfwinkeligen Giebel mündet, wie ein mächtiger Richtungsweiser nach oben. Diese Symbolik wird auch durch das zarte Kreuz, das in den Giebel hineinragt, nicht gestört, sondern man wird eher erinnert, daß das Zeichen des Kreuzes einmal auf den Wolken des Himmels erscheinen wird. Die Ziffernmarkierung der einzigen Uhr (in grünem Serpentin) ist bewußt aus dem Mittelpunkt des Giebels gerückt, da ja eben der Turm einer Kirche wesentlich andere Funktionen zu erfüllen hat.
Auch in der Farbgebung kommt die Einheit zwischen Kirche, Pfarrhof und Kindergarten zum Ausdruck. Das eierschalenfarbige Weiß steht in einem angenehmen Kontrast zum Dunkelgrau der kleintafeligen Eternit-Steinschindeldeckung. Die Farbwirkung kommt deshalb besonders gut zur Geltung, weil der Baukomplex und besonders Wände und Dach der Kirche große undurchbrochene Flächen aufweisen, deren Farbton durch die Betonung der Fenster- und Türrahmen, die in grünem Kunststein gehalten sind, noch mehr gesteigert wird.
An der Südwestseite der Kirche ist der Haupteingang. Dieser führt zwischen Taufraum und Beichtkapelle ins Kircheninnere und symbolisiert so den Weg zu Christus im Sakrament der Taufe und der Buße.
Während die fensterlose Beichtkapelle mit zwei eingebauten Beichtstühlen vollendet ist und die Notwendigkeit, den Raum künstlich zu beleuchten, in keiner Weise stört, fehlt in dem kleinerenTaufraum noch der Taufstein und würde eine natürliche Erhellung des Raumes vorteilhafter wirken.
Der Haupteingang wird aber wohl nur bei festlichen Anlässen und feierlichen Einzügen zahlreicher benützt werden. Gewöhnlich wird man die Kirche von der Straßenseite aus durch den Turmeingang betreten. Der Turm dient da in seinem unteren Teil als Windschutz und Vorraum für den Eingang und ist durch zwei seitliche Fenster hell erleuchtet. Hier sind deshalb auch die Anschlagtafel und der Schriftenstand errichtet
Betritt man von hier aus die Kirche, so steht man zunächst in einem fast abgeschlossen wirkenden Raum, der durch die über Beicht- und Taufkapelle vorgezogene Empore, vorne durch vier Holzsäulen getragen, gebildet wird. Wenn man bis zum Mittelgang schreitet und sich dann nach rechts wendet, öffnet sich dem Besucher erst das 20 Meter lange und zwölf Meter breite Kirchenschiff (Abb. 57). Das Schönste, was man vielleicht darüber aussagen kann, ist das: Es ist wirklich ein Raum, ein Raum, der die Gemeinschaft bergen kann und der geeignet ist, sie hinzuordnen auf das Zentrum der Kirche, den Altar. Die Seitenwände sind wirklich Wände, deren Flächigkeit nicht zerrissen ist durch bis zum Boden reichende Fenster. Denn die sieben Fenster der Seitenwände sind verhältnismäßig hoch angeordnet und von bescheidenen Ausmaßen. Der vor Jahresfrist verstorbene Professor Dominikus Böhm (Köln) hat sie so gestaltet, daß sie trotzdem den Raum stark erhellen. Er hat die Fenster mit farblosem Industrieglas verschiedener Oberflächenbeschaffenheit ornamental geformt und in das Ornament nur Kreuze in verschiedenen kräftigen Farben aufgenommen. Wohl eine Erinnerung daran, daß die Kirche zu einem großen Teil aus den oft opfervollen Spenden durch die Silberkreuzelaktion gebaut wurde.
Auch die Lärchenholzdecke führt trotz der schweren, quergelagerten Dübbelbalken, die Konstruktionselemente sind, durch ihre längsgeordneten Felder den Blick nach vorne zum Sanctuarium. Dadurch, daß der Boden durchgehend in grünen Kunststeinplatten gehalten ist, und die Bänke nicht auf eigenen Holzpodesten stehen, ist auch da die Einheitlichkeit des Raumes gewahrt worden. Die einfache, schöne Linienführung der Docken der Bänke verstärkt noch die Blickführung gegen den Altar, die der verhältnismäßig breite Mittelgang schafft. Der Mittelgang  und schmale Seitengänge sowie genügend Raum vor den Bänken ermöglichen es übrigens, daß die Kommunionbewegung zum Altar und zurück leicht möglich ist. Die Blickführung des Mittelganges wird dann auch bei den Stufen des Sanctuariums von einem roten Teppich in der selben Breite übernommen, der bis zum Altarpodest hinführt. Der Altar  steht also im Blickmittelpunkt der Kirche. Seine besondere zentrale Stellung im Raum wird noch durch die Verengung des Raumes zum Sanctuarium durch die Stufen, die emporführen, durchseine Umschreitbarkeit und durch die hellere Tönung der Wände einschließlich der Decke (die hier im Gegensatz zum Schiff geputzt ist) hervorgehoben. Der Altar ist ein einziger Block aus rotem Marmor, der auf einem fünfzehn Zentimeter hohen, nach allen Seiten zurückgesetzten Unterbau aus grünem Serpentin aufsitzt, der wiederum von einem trapezförmigen Podest aus gleichfarbigem Kunststein getragen wird.
Auf diesem formal durch seine Wucht und farbig durch sein angenehmes Rot hervorgehobenen Altar steht der Tabernakel und die gedrungenen Altarleuchter, die der akademische Metallplastiker Hanns Angerbauer geschaffen hat (Abb. 58, 59). Die Vorderseite des querformatigen Tabernakels trägt ein in Silber getriebenes Relief, das selbstverständlich eine starke thematische Beziehung zur Eucharistie hat. Die Verheißungsrede der Eucharistie bei Johannes war die biblische Grundlage des Themas, das formuliert werden kann: Eucharistie als die Scheidung der Geister. Das Thema hat eigentlich schon die Fülle der Gestalten aufgegliedert in Christus, Petrus, Judas und die Gruppe der übrigen Apostel. Für die formale Lösung hat die Tatsache mit entschieden, daß es sich ja um die Vorderseite eines Tabernakels handelt, wo notwendigerweise eine Tür untergebracht werden mußte. Es wurde auf eine zweiflügelige Tür verzichtet und der Großteil der Vorderfläche als eine aufziehbare Klappe gestaltet. Formal hat sich dadurch die Möglichkeit ergeben, auf dem breiteren Mittelfeld die Gruppe der unentschiedenen Apostel mit dem sich herauslösenden Petrus und auf den beiden schmalen Seitenteilen Christus rechts und Judas auf der linken Seite darzustellen. Diese beiden Figuren bleiben auch bei geöffneter Tür sichtbar. Der Aussetzungsthron, dessen Formelement die sechs Leuchter bilden, ist abnehmbar. Neben dem Altarblock zieht zweifelsohne das große mächtige Barockkreuz, das mit Trägern an der Rückwand hinter dem Altar befestigt ist, den Blick auf sich. Leider entspricht dieses Kreuz in keiner Weise den Anforderungen, die man an ein Kultbild stellen muß. Zum Beispiel ist das stark vergoldete Lendentuch mit seiner Betonung von etwas gänzlich Unwesentlichem, etwas für ein Kultbild Unmögliches. Aber auch formal ist dieses Kreuz fehl am Platz. Es stand ja auch ursprünglich im Karner der Kirche von Oberthalheim. Es ist daher verständlich, daß dieses ursprünglich am Boden stehende Kreuz formal wohl ohne weiteres als Friedhofskreuz denkbar wäre, sein Freies-in-der-Altarwand-schweben aber gänzlich unmotiviert erscheint.
Ursprünglich wäre auch ein über dem Altar hängendes Metallkreuz als Kultbild gedacht gewesen, das durch sein sichtbares Hängen und seine vertikal betonte Form eine frormelle Bindung in den Raum und in die Altarfläche gehabt hätte. Thematisch wäre der siegreich Sterbende, als Mittler „hängend zwischen Himmel und Erde“, wohl besser als Kultbild geeignet gewesen, als das gegenwärtige Kreuz.
Das Problem des Patroziniumgedanken und der notwendigen Andachtsbilder scheint günstig gelöst zu sein. An den beiden Flächen, die durch die Verengung des Raumes zum Sanctuarium entstehen, sind auf der Evangeliumseite ein Madonnenrelief und auf der Epistelseite das Relief des Kirchenpatrons, des hl. Josef. Beide Bilder sind keine bloßen Andachtsbilder, sondern liturgiebezogen. Der Opfergestus der Madonna symbolisiert die Opferhaltung des Menschen, der am Opfer Christi teilnehmen will. Während der heilige Josef (Abb. 61) den auf das Wort Gottes hörenden Menschen symbolisiert (vergleiche Furche vom April 1956). Die Verkündigung des Wortes Gottes wird bildhaft ausgedrückt durch das Bergpredigtrelief des Predigtambos (Abb. 69). Dieser hat sinngemäß seinen Platz an den Stufen des Sanctuariums, soll er doch die Verbindung von Wort- und Opfergottesdienst zeigen.
Kirche St. Josef - Redl Zipf - 1956 Tabernakel und Reliefs Alle drei Reliefs schuf der kurz nach der Kirchweihe verstorbene Wiener Bildhauer Professor Treberer-Treberspurg. Während die Kanzel noch im Original von seiner Hand stammt, hat er für die Reliefs nur mehr die in halber natürlicher Größe in Kunststein gegossenen Zwischenmodelle geschaffen. Die Ausführung durch einen anderen Bildhauer ist leider den Originalmodellen nicht immer gerecht geworden.

(Anm.: Die zwei Original Zwischenmodelle - das letzte Werk von Adolf Treberer-Treberspurg -  sind im Besitz von Johannes Angerbauer)
Beachtung verdient vielleicht noch die Tatsache, daß all die übrigen Einrichtungsgegenstände wie Apostelleuchter, Sakristeiglocke, Ewiges Licht, Opferstöcke, usw. formschön und in ihrer Ausführung materialecht sind.
Erfreulich ist die Tatsache, daß auch der Großteil der Bevölkerung, dem manches vor Vollendung des Baues so ungewohnt war, daß sein Widerstand spürbar wurde, schon bei der Weihe die Kirche voll Freude als die Ihre betrachtete.
 
Quelle:
„Christliche Kunstblätter“ 94. Jahr, 1956/ 4, Text Seiten 10-13 Fotos: Dr. Erich Widder
Pfarrkirche St. Josef Redl Zipf - 1956 - Beschreibung und Plan  Kirche Redl Zipf - Christliche Kunstblätter 1956 - Text Karl Angerbauer
Materialien:
Alle drei Original Fotografien stammen von Foto Werkgarner, Frankenmarkt, 1955
Pfarrkirche St. Josef in Redl-Zipf 1955  Pfarrkirche St. Josef in Redl Zipf, Foto Werkgarner Frankenmarkt 1955 Pfarrkirche Redl Zipf - Fenster 1955