Kunstinitiative Sozialvernetzt | |||
Materialien | : vom Wasser bedeckt / Bericht von Dr. Raimund Locicnik | ||
im Amtsblatt der
Stadt Steyr, Sondernummer 5a, 8. Juni 2005 "Erinnerung: 60 Jahre Frieden und 50 Jahre Staatsvertrag" |
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"Vom Wasser bedeckt" | |||
Ein Kunstprojekt gegen das Vergessen und wider den Krieg |
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„Aufgetaucht sind in Steyr am Samstagvormittag des 4. Mai 2002 an der
Brücke über die Enns zwei amerikanische Jeeps mit Besatzung. Sie
errichteten eine Barriere, ließen Fußgänger, Radfahrer und notgedrungen
auch den Stadtbus passieren. Für etwas mehr als eine Stunde filterten
sie in den Trubel des vormittägigen Shopping-Stroms in Richtung Steyrer
Stadtplatz die Mahnung an ein Ereignis, 57 Jahre minus einem Tag zuvor
fand es statt. Am 5. Mai 1945 kapitulierte in Steyr Bürgermeister
Ransmayr vor den Befreiern. Der Fluss wurde zur Grenze, zur Seite der
Ennsleite stand die russische, auf der zentralen Landzunge am
Zusammenfluss von Enns und Steyr die amerikanische Besatzung“, schreibt
der Journalist Peter Klimitsch in seinem Essay „Aufgetaucht in Steyr“. |
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Beschrieben wird mit diesen Sätzen ein tief greifendes und excellent durchdachtes Kunstprojekt, welches der Steyrer Johannes Angerbauer 2001 mit zahlreichen Akteuren und Partnern konzipiert hat und in Variationen bis in die jüngste Gegenwart realisiert. 1996 übergab der Leiter der Abteilung Umweltschutz des Magistrats Gustav Gergelyfi an Angerbauer eine Unzahl an Karabinern, Pistolen und Sturmgewehren, die von der Bevölkerung am Ende des Krieges in die Enns geworfen worden waren. Gergelyfi verband die Übergabe mit der Bitte „etwas Gutes aus diesen schrecklichen Gegenständen zu machen“. | |||
Angerbauer, bekannt für seine komplexen, synergetischen Ideen, nahm die
Angelegenheit ernst und begann, das multimediale Projekt „Vom Wasser
bedeckt“ zu entwickeln. Der ersten Aktion verlieh er den Namen
„Aufgetaucht“. Den Höhepunkt des Aktionstages kommentierte nochmals
Peter Klimitsch: „Kurz vor 10:30 Uhr, zu den Klängen von Arnold
Schönbergs ‚Ein Überlebender aus Warschau’, taucht an diesem 4. Mai 2002
von Steyrdorf kommend ein amerikanischer Jeep auf, neben dem Fahrer die
Autorin Elisabeth Vera Rathenböck, hinter den beiden, stehend, der Autor
Till Mairhofer.“ Anschließend kommt es zu einer literarischen Reise
zurück in den Zweiten Weltkrieg bis hinein in die wahnwitzige Welt des
Mordens und Tötens in der Gegenwart. Mit dieser „Transformation des
Grauens“ in die Jetztzeit haben Angerbauer und die beteiligten Künstler
genau jenen Impuls gesetzt, den es braucht, um erstens die
Ursachen-Wirkungszusammenhänge darzustellen und zweitens der enorm
negativen Energie Ausdruck zu verleihen, die jene Menschen freisetzen,
die nicht bereit sind „Waffen zu Pfugscharen“ umzuschmieden. |
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Raimund Locicnik | |||
index | (Anm. v. J. Angerbauer: "Keine Pistolen, eher rostige Zitate, Alteisenrelikte von ehemaligen Waffen. Der Titel der Aktion 'Aufgetaucht' stammt vom Literaten Till Mairhofer".) | ||