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4. Biografisch-künstlerischer Weg |
4.4.4.2. Werkbeschreibung T.A.01793 |
Die T.A.01793 (Abb. 14) soll den Ablauf und den T.A.-Organismus in seinem Zusammenhang erläutern. |
T.A.01793 (59) |
Ort: Künstlerhaus Wien, Hausgalerie |
Zeit: 9. Juni bis 4. Juli 1993 |
Art: Environment |
4 Elemente à 100 cm x 187 cm, auf 45 mm Homogenplatte |
Auf dem Boden liegt ein goldener Durchgang, bestehend aus 4 goldenen Feldern. Er mißt 187 cm x 400 cm. Den primären Bildinhalt bilden knöcherne Füße eines Goldschürfers auf steinig-erdigem Boden. Die zerfetzten und zerlumpten Schuhe suggerieren die Last, die der Goldschürfer zu tragen hat. Dieser Bildinhalt ist im Rückblick auf die T.A.Chronologie grundlegend. Von diesem einfachen, aber inhaltlich sehr eindrucksvoll abgebildeten Paar Schuhe werden sich die weiteren Bildinhalte in T.A. Handlungen zu immer mehr geistig verbindenden Sinnzusammenhängen aufbauen. |
Zu Beginn der ersten Handlung sind alle Bildinhalte noch Schwarz-Weiß- Photographien, die auf Holzplatten kaschiert sind. Beim Aufkleben der sechzig Schwarz-Weiß-Photographien entstanden Blasen, als sie mit dem Blattgold überzogen worden sind. Sie sind jedoch nicht ausgestreift, sondern mit dem Skalpell geöffnet und mit Wundpflaster in einer Kreuzform wieder verschlossen worden (Abb. 15). Diese Wundpflaster intensivieren den Aspekt des Leids und des Schmerzes und lassen ebenfalls ganz subtil das Bild der Kreuzigung Christi und das damit einhergehende Leid zum Vorschein kommen. |
Nach dem Aufkleben der Photographien wurde die gesamte Fläche mit 8 cm x 8 cm großen wasserlöslichen Blattgoldblättchen aus 23karätigem Dukaten-Doppel-Gold überzogen. Der Vergoldungsgrund ist bei dieser Technik feucht und das Blattgold klebt sofort auf dem Bildträger und ist augenblicklich fixiert. Es kann dann anschließend keine Veränderung mehr vorgenommen werden. |
Der goldene Eingang durchmißt den ersten Raum bis zu den geöffneten Türen des zweiten Raumes. An diesen goldenen Eingang schließt sich ein geradliniger Weg aus schwarzbrauner Erde (Abb. 16) an, ebenfalls 187 cm breit, der bis zu der Stirnwand des zweiten Raumes führt. Der erdige Weg biegt in der Mitte des zweiten Raumes im rechten Winkel in den dritten Raum ab und reicht ebenfalls bis zur Stirnwand. So ist ein aus schwarzbrauner Erde T-förmiger Weg entstanden. Der Boden entlang den Wegen ist in allen drei Räumen mit schwarzen Planen ausgelegt. Der Boden ist schwarz, die Wände sind weiß, der Weg ist erdiggolden. Auf der linken und rechten Seite bildet eine schwarze Leiste die Begrenzung des Weges. Auf ihr befinden sich weiße Zahlen, die bestimmte Ereignisse um das Gold und den Zusammenhang mit der Vergangenheit darstellen. Der Weg beschreibt die Zeit des Goldes. Das Gold steht als Symbol für Zeit. |
Im zweiten Raum am Ende des erdigen Weges steht eine ungefähr sechzig Jahre alte Stechuhr(60) (Abb. 17) aus einem Stahlwerk. In ihr offenbart sich zur Materie gewordene bezahlte Zeit. Das monotone Ticken, das durch ein lautes Geräusch zu jeder Minute unterbrochen wird, vermittelt mechanische Kontrolle. Im Einsteckschlitz für die Stempelkarten manifestiert sich die Energie millionenfacher Emotionen kontrollierter Zeit. Die Einladung zu dieser T.A. Handlung ist ebenfalls in Form von Stempelkarten mit fortlaufender Nummer gestaltet. Diese Karten stellen eine imaginäre Verbindung vom Besucher vor und hinter dem Weg zur Stempeluhr her. Eine Stechuhr kann ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie am Anfang und Ende eines Prozesses steht. Durch die örtliche Zweckentfremdung, den Entzug der Kontrollfunktion und der damit verbundenen künstlerischen Transformation steht sie jetzt in der Mitte eines Prozesses, neutralisiert und doch dominierend. Sie beinhaltet Anfang, Mitte und Ende eines goldenen Weges. |
Im dritten Raum, am Ende des erdigen Weges, hängen an der Wand zwei Poliment(61) -Objekte (Abb. 18). Das linke Poliment(62) -Objekt (Abb. 19) ist von der Sorte B und strahlt warmen rosafarbenen Glanz aus. Das rechte Poliment-Objekt ist von der Sorte S und strahlt einen kalten blau-grauen Glanz aus. Zwischen den beiden Objekten läuft an der Mauer ein 33 mm x 270 mm horizontaler Streifen aus Poliment der Sorte L entlang. Das Poliment täuscht den Rezipienten. Es ist nicht Farbe, sondern Medium. Poliment erfüllt seinen Zweck als Grundlage zur Vergoldung. Durch das Weglassen des Blattgoldes entstehen Flächen, die potentiell auf ihre Vergoldung warten. Der Vergoldungsprozeß findet in der Phantasie des Rezipienten statt. Das Poliment wird zu einem imaginären Spiegel. |
Der "schöpferisch-skulpturale Gang" findet nun als Eintritt in einen künstlerischen Gestaltungsprozeß statt. |
Vor dem Betreten des ersten Raumes liegt vor dem Besucher der goldene Durchgang. Von ihm wird die Entscheidung verlangt, das Gold, die goldene Fläche, mit Füßen zu treten, um in den Raum zu kommen. Der Besucher betritt den goldenen Weg. Dadurch vollzieht sich eine Erosion und die Bildinhalte werden im Laufe der Zeit sichtbar. Die Destruktion wird zu einem schöpferischen Prozeß und kann zu Erkenntnis führen. Das mit den Schuhen verschleppte Gold wird wieder der Erde zugeführt. "Die Goldschleuse wird Medium zur Goldsenke." (63) |
An der Schwelle von Gold zur Erde wird der Besucher das Betreten der Erde mit "Beschmutzen" assoziieren. Er steht auf unreinem Gold und verbindet reine Erde mit Schmutz. Nachdem der Besucher die Schwelle überschritten und die Bewußtseinsreinigung geleistet hat, besteht für ihn die Möglichkeit, seine Karte zu stempeln und nochmals aktiver Teil der T.A. zu werden. |
"Die Rückkehr des Goldes zur Erde schafft dem vom Menschen moralisch verunreinigten Element eine Senke. Durch die Rückkehr zum Ursprung - der Erde - vollzieht sich eine symbolische Reinigung" (Abb. 20). |
Weiter > 4.4.5. Die Karitativ- und Leidlinderungsphase |
4.4.3.3. Ideeller Inhalt: Goldmine Transformatoren < Zurück |
(59) Angerbauer erhielt für diese T.A. die goldene Ehrenmedaille für besondere künstlerische Leistung vom Künstlerhaus Wien, in Wien 1993 |
(60) Drei Tage vor der Handlung, am 6. Juni blieb die Uhr stehen. An diesem Tag ist Yves Klein gestorben. |
(61) Poliment das;(e)s, -e >aus fr. poliment "das Glätten, mit Glanz versehen" zu polir, vgl. polieren>:1. zum Polieren, Glänzendmachen geeigneter Stoff. 2. Aus einer fettigen Substanz bestehende Unterlage für Blattgold, in Duden. das große Fremdwörterbuch, Mannheim 1994, S. 1083 |
(62) Die Polimentvergoldung ist das älteste Vergoldungsverfahren und kommt der erscheinung einer polierten Metalloberfläche am nächsten. Kölner Glanz-Gold-Grund als Trägerschicht für das Blattgold ist ein zeitadäquates, qualitativ gleichwertiges Produkt zur Poliment- bzw. Hochglanzvergoldung. Glanz-Gold-Grund: Sorte B, polimentrot für warmen Glanz; Sorte C, weiß für Grundierung, Sorte L , gelb für Vertiefungen, Sorte S, schwarz für kalten Glanz. |
(63) Angerbauer 1993, S. 2 |