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6. Material-Präferenz im Vergleich mit Yves Klein |
Es ist nicht neu, daß Künstler fast ausschließlich bestimmte Materialien für ihre künstlerische Darstellung bevorzugen. Auch dieses wundervoll glänzende, edle Element Gold auszuwählen ist nicht neu und findet sich bei anderen Künstlern wieder. Auf diese Parallelen stößt man im Vergleich auch bei Angerbauer und Yves Klein. Klein hat ebenfalls den farblichen Reiz des Goldes genutzt. Beiden Künstlern geht es um die vielschichtige und tiefgründige Darstellung des Goldes. Inhaltlich jedoch verfolgen sie dieses Ziel aus völlig verschiedenen Perspektiven, selbst wenn sie dabei Werke von ähnlicher Erscheinungsform schaffen. |
Yves Klein hat mit Joseph Beuys die heutige Kunst geprägt und somit neue Perspektiven eröffnet. Sie sind zu wichtigen Vorbildern geworden. Basierend auf diesen Vorgängern versucht auch Angerbauer, der Kunst wieder eine neue Perspektive zu geben. So bedient er sich bestimmter Ausdrucksweisen seiner Vorgänger, greift sie in seinem Werk auf und versucht, diese wieder weiter zu entwickeln. |
Bei einem Besuch des Museums of Modern Art in New York hatte Angerbauer 1994 erstmals die Monogold-Tafeln im Original gesehen. Die Photographie Kleins bei seiner "Übertragung von Immaterialität", am 26. Januar 1962, war Angerbauer bereits schon früher bekannt. Er hatte dieses Photo von Klein und Dino Buzzati verfremdet und als Bildinhalt bereits in seinen Minenfeldern #1, #2 und #3 verwendet. |
Inspiriert von Kleins Denkweise, der Idee der Immaterialisierung des Goldes, tauchte Angerbauer in Kleins Materie ein und seine T.A.04296, die Stationierung seines 15. Transformators, wurde zu einer "Hommage an Yves Klein". |
Klein sieht lediglich die Farbe als vermittelndes Element menschlicher Erlebnis- und Wahrnehmungserweiterung. In seinen monochromen Bildern geht es ihm um die Erweiterung der menschlichen Erfahrungen auf immaterieller Ebene. Erstmalig wurde so von dem Rezipienten eine derartige Beschränkung seiner Sehgewohnheiten und ein absolut ergriffenes sinnliches Einlassen auf das Bild gefordert. Die Werke wirken wie Meditationsobjekte, die psychisch auf den Betrachter einwirken. Er wird in einen "Bildzustand" versetzt. |
"Es geht nicht mehr darum, Farbe zu sehen, sondern sie wahrzunehmen."(129) Am Beispiel Kleins blauer Monochromien zeigt sich dies am deutlichsten. Blau bedeutet für Klein das Undefinierbare und die Unendlichkeit des Raumes: "Es befindet sich außerhalb der Dimension, deren die anderen Farben teilhaftig sind. Sie sind psychologische Räume. Rot zum Beispiel meint Feuer, das Hitze ausstrahlt. Farben führen zu Assoziationen mit konkreten, materiellen, faßbaren Ideen, während Blau vor allem anderen an das Meer und den Himmel erinnert, die abstraktesten Aspekte der faßbaren und sichtbaren Natur." (130) |
Klein erhielt zu seinem 30. Geburtstag das Buch, "L`air et les songes: Essai sur l´imagination du movement", von Gaston Bachelard, das als theoretische Schrift Kleins Gedanken verdeutlicht. Zeitgenössische Literaten wie Mallarmè, Claudel und Zola empfanden das gleiche "kosmische" Gefühl wie Klein gegenüber der Farbe Blau. Sie verdeutlichten, daß "das Wort Blau etwas bedeutet, aber nichts zeigt." (131) Steigert man sich als Rezipient in die Farbe Blau hinein, so ist man physisch ergriffen. "Deshalb ermögliche die Farbe Blau reines Gefühl und reines Sehen. (...) Es ist ein Reich der Imagination ohne Bilder, ein Reich der Abgeschiedenheit, der Transparenz und der Dematerialisierung, ein Reich des Nichts, das jedoch unendliche Möglichkeiten birgt." (132) |
Auch Klein arbeitet mit ambivalenten Erscheinungsformen, die sich vielschichtig durch sein Werk ziehen. Die Emotionen der Rezipienten sind individuell verschieden und jeder fühlt anders, aber die Tatsache, daß er ergriffen ist, bedeutet für Klein die Erfüllung seines Ziels, wie er selber in seinem Buch mit dem Titel "Ma position dans le combat entre la ligne et la coleur" eingangs erklärt: "Daher beschränkt die Farbe in ihrem physischen Aspekt meine Bemühungen, sensible künstlerische Zustände zu schaffen." Es geht um die Sensibilität als Ausgangspunkt des Kunstwerks, die weit über den materiellen und visuellen Wert des Bildes hinausgeht. Dem Rezipienten obliegt es, sich auf diesen Prozeß geistig-metaphysisch einzulassen. Damit gliedert sich der Betrachter in den kreativen Prozeß durch aktive Teilnahme am malerischen Moment ein. (133) |
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(129) Klein, Yves 1994a (zit. in Stich, Sidra 1994, S.133) |
(130) Klein, Yves 1994b (zit. in Stich, Sidra 1994, S.78) |
(131) ebd. |
(132) ebd. |
(133) Klein, Yves 1994b (zit. in Stich, Sidra 1994, S.89) |