Zurück zum Inhaltsverzeichnis der Magisterarbeit von Mag. Manuela Schmid
 

 
7. Zusammenfassung
 
Die Ambivalenz der Werte im Umgang mit Gold unter Einbeziehung sozialer Gesichtspunkte ist Angerbauers zentrales Thema. Bei der Umsetzung seiner künstlerischen Idee bietet er neue und ungewöhnliche Aspekte. Er zeigt und macht klar, daß Gold die Menschen seit jeher in unsagbares Elend stürzen kann und gestürzt hat. Gold als eigentliches Symbol des Strebens nach Macht und Besitz in unserer Gesellschaft wird hier als Gestaltungsmittel für das Bewußtmachen sozialer Prozesse und menschlichen Leids eingesetzt. Er will als Künstler und Kommunikator die mystisch negative Aufladung dieses Edelmetalls wieder neu "erden". Die Art und Weise wie Angerbauer dies jedoch bewerkstelligt ist neu, provozierend und aufrüttelnd. Er läßt das "Gold mit Füßen treten", indem er die Menschen dazu bringt, darüber zu schreiten. Hier signalisiert der Künstler in gewisser Weise Mißachtung gegenüber dem sonst so wertvoll behandelten Gold. Gerade dies ist jedoch ein Teil seiner künstlerischen Freiheit mit dem Ziel gesellschaftlicher Beachtung und Interaktion.
 
Wenn jedoch soziale Aspekte in einer medialisierten Gesellschaft in den Vordergrund treten und eindringlich darauf aufmerksam machen, daß das wertvolle Edelmetall Gold "abgetreten" und in künstlerischer Weise abgenutzt wird, könnte Angerbauers Werk in der Öffentlichkeit in Frage gestellt werden.
 
Angerbauer befindet sich auf einer Gratwanderung zwischen Öffentlichkeit, dem in der Gesellschaft eingesetzten Material Gold und seiner Arbeit. Nur durch die gesellschaftliche Einbindung der Rezipienten und Käufer ist sein Werk formvollendet. Dadurch, daß er die Menschen interaktiv in seine künstlerischen Prozesse einbezieht, initiiert er Denkprozesse. Beim Rezipienten wird das Bewußtsein auf erhellende Weise erweitert. Angerbauer erweitert nicht nur den Goldbegriff, sondern er regt auch andere humanitäre Denkanstöße an, die die Ausbeutung und das Leid von Menschen, die Umwelt- und Naturzerstörung beim Goldabbau und die Habgier und Goldhysterie betreffen.
 
Angerbauer bezieht bewußt den Menschen in seinen künstlerischen Gestaltungsprozeß ein, jedoch nicht nur als Mitgestalter. In Zukunft soll auch er aktiv durch Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und sozialen Einrichtungen in einer "T.A.Goldwork" mitgestalten und mitarbeiten, um dadurch aktiv zur Linderung menschlichen Leids durch das Element Gold als Medium beizutragen. Mittels sozialer Kunst wird auf einer weiteren Ebene das Gold symbolisch gereinigt.(146)
 
Angerbauers Ursprungsidee - das menschliche Leid an der Ressource Gold -wird in seiner künstlerischen Umsetzung immer konsequenter vorangetrieben.
 
Diese Idee entwickelte Angerbauer seit seinem Schlüsselerlebnis 1984 durch die Filmdokumentation der "Sierra Pelada" in seinen verschiedenen Phasen, in denen er die elementaren Zusammenhänge des Elements Gold thematisch umsetzt. Anfangs noch von Künstlerkollegen inspiriert, vor allem von Beuys‘ sozialer Komponente und erweitertem Kunstbegriff, läßt sich seit Mitte der neunziger Jahre eine eigene Entwicklung feststellen, die sich, wie auch seine Kunstwerke - die goldenen Bodenfelder - zu einer immer dichter werdenden Einheit kristallisiert. Seit 1993 zeichnet sich die Einbindung sozialer Aspekte ab, welche sich bis 1996 festigt. Ab 1997 verschmelzen Kunst und Soziales zu einer konzeptionellen Einheit bzw. Notwendigkeit. Mit dem Erwerb eines goldenen Objekts wird der Käufer mit der Idee konfrontiert, einen zusätzlichen Betrag an eine karitative Institution zu spenden. Diese Spende ist nach Angerbauer "als ein mit der Skulptur untrennbar verbundener, plastischer Vorgang zu verstehen, ein formgebender Prozeß im Sozialbereich, der die eigentliche Vollendung des Kunstwerks bildet. (...) Kunst als sozialer Prozeß kann sich nicht nur auf bildnerischer, intellektueller oder gesellschaftlicher Ebene bewegen, sondern muß in energetischer Form (...) einfließen."(147)
 
Angerbauer fügt sich in den aktuellen Kunsttrend, "Kunst als Dienstleistung"(148) ein. Diesen Titel trug bereits 1995 eine Ausstellung in München, in der der neue Wille der Künstler nach Kommunikation und sozialer Anbindung dargestellt wurde. Immer mehr Künstler verspüren zunehmend den Drang, nicht nur künstlerisch tätig zu sein, sondern sich auch im Sozialbereich ihren Mitmenschen nützlich zu machen.
 
Johannes Angerbauer ist glaubwürdig, insbesondere als sozial engagierter Aktionskünstler. Noch ist es zu früh, um über den zur Zeit 41-jährigen Künstler ein abschließendes Urteil abzugeben und ihn in der europäischen Kunstszene zu lokalisieren. In Österreich scheint er durch eine stetig wachsende Resonanz etabliert zu sein. Durch seine bereits international durchgeführten Transformator-Handlungen und zukünftigen weltweiten T.A.Projekte, z.B. die Stationierung des 20. Transformators am 27.08.1999 in San Francisco, Golden Gate, vermehrt er international zunehmend seinen Bekanntheitsgrad.
 
Angerbauer vereinigt in seinen goldenen Objekten den sozialen Aspekt des menschlichen Leids mit dem materiellen und transzendenten Goldbegriff zu einer ästhetischen Einheit. In den "schönen" Goldobjekten spiegelt sich die Wahrheit des menschlichen Leids. Damit manifestieren sich Schönheit und Leid ambivalent in Angerbauers goldenem Werk.
 
 
 
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(146) Angerbauer Internetdokumentation 20.
(147) Angerbauer Internetdokumentation 21.
(148) Nemeczek, Alfred 1998