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Inhaltsverzeichnis der Magisterarbeit von Mag.
Manuela Schmid |
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5. Der Rezipient und das soziale Kunstwerk Angerbauers im Vergleich mit
Joseph Beuys |
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5.2. Der "Erweiterte Goldbegriff" bei
Angerbauer |
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Ausgehend vom "Erweiterten Kunstbegriff" Beuys
spricht Angerbauer in seiner Schaffensebene vom "Erweiterten Goldbegriff". Gold
hatte für Angerbauer stets ein Doppelgesicht. Er sah die Notwendigkeit, die Ambivalenz
dieses "edlen" und "teuflischen" Elements Gold in das Bewußtsein der
Menschen zu bringen und den Goldbegriff somit zu erweitern. |
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"Seine Kunst soll mit Füßen getreten werden." Sobald
dies geschieht, werden die blattgoldbeschichteten Objekte, deren Kern das Gold ist,
entweiht. "Dabei steht plötzlich nicht mehr der Wert des Goldes im Vordergrund,
sondern jene ideelle Größe, die der Betrachter fühlt und in sein Bewußtsein erhebt.
Für Angerbauer ist dies der "Augenblick der Wahrheit, wo jeglicher Anflug von
Rationalität die erlebte Gegenwart bereits zur ikonenhaften Vergangenheit erstarren
läßt." (122) |
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Im Einklang mit dem Rezipienten findet eine Begriffserweiterung
statt. Das Begehen der goldenen Bodenfelder wird zu einem "schöpferischen,
skulptierenden Vorgang, der zu einem "erweiterten Goldbegriff" führen
kann."(123) Der herkömmliche Goldbegriff ist gespalten in die Ambivalenz von materieller
und ideeller Sicht. Durch das Begehen der Goldfläche findet eine Begriffsbefreiung bzw.
Reinigung statt. Einerseits wird mit dem Begehen und der dabei stattfindenden Erosion das
Gold der Erde zurückgegeben, wobei dieser Kreisgang, der auch als Opfergang gedacht
werden kann, für die Entmaterialisierung des materiell begrifflichen Teils sorgt.
Andererseits wird der ideell transzendent begriffliche Teil des Goldbegriffs mit
"Füßen getreten". Es findet somit eine Entmystifizierung statt. Im nun
befreiten Goldbegriff liegt die Möglichkeit einer Begriffserweiterung. (124) |
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Nur durch die Integration des Rezipienten und der Gesellschaft hat
diese Begriffserweiterung Bestand. Somit hat auch Angerbauer seine Werkautorität
abgegeben, denn sowohl an der Entstehung als auch an der Vollendung sind alle Menschen
beteiligt im Sinne einer "Interventions- und Prozeßautorität".(125) Der Künstler
verfügt über das technische Know-how seiner Kunst und seines Environments. Er steuert
darüber die sich anschließenden Prozesse und zwingt den Rezipienten automatisch zu
Reflexion und Durchdringung. Gleichzeitig macht er ihn zu einer Autorität der
Mitgestaltung. "Nicht er ist der Künstler, der die Kunstwerke schafft. Er ist der
Katalysator, der Kunstwerke ermöglicht."(126) Die Menschen, Rezipienten und Mitgestalter,
die Angerbauers Minen und Schwellen betreten und ihre Spuren hinterlassen, schaffen selbst
sozial aktive Prozesse. Die einzelnen individuellen Spuren verbinden sich mit denen der
anderen und lassen einen Gesamtprozeß entstehen. Nur in dieser gemeinsamen Verbindung
entsteht ein Werkergebnis. Die Rezipienten werden als Mitgestalter zur Werkautorität.
"Angerbauer verschränkt Aktion und Werk zu einer gemeinsamen
Erfahrungskategorie"(127) von Rezipient und Künstler. |
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"Die (Kunst) manifestiert sich im Prozeß des Begehens, in der
feinsten Spur, im unsichtbaren Goldmolekül, das (mit den) Schuhsohlen des Besuchers das
Gebäude verläßt, zur Erde zurückkehrt und damit den Kreis schließt. Der Prozeß formt
ein kollektives Werk und gibt in Anerkennung seiner Endlichkeit gleichsam als Opfer das
Gold wieder der Erde zurück." (128) |
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6.
Material-Präferenz mit Yves Klein |
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5.1.
Der "Erweiterte Kunstbegriff" bei Beuys
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(122) Locicnik, Raimund A. 1998, S.
41 |
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(123) Angerbauer Internetdokumentation 19. |
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(124) ebd. |
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(125) Heintel, Hans 1998, S. 18 |
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(126) Assmann, Peter 1995, S. 5. |
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(127) ebd. |
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(128) Heintel, Hans 1998, S. 17-18 |
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