KRISTALLTAG
1938 1998 2012 2014 2015 |
Begrüßung von Mag. Karl Ramsmaier |
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Enthüllung "KRISTALLTAG" |
Donnerstag, 6.November 2014
19.00,
Rathauspassage Steyr |
Sehr geehrte Damen und Herrn! |
Am 9. November 1998
abends versammelte sich das Mauthausen Komitee - vielleicht 5-10
Personen - im Haus des letzten Steyrer Juden Friedrich Uprimny um
bei einem außergewöhnlichen Kunstprojekt dabei zu sein. Eine
quadratische Goldplatte lag auf dem Boden, einige Mikrofone waren
darauf gerichtet und ein Hammer aus Stahl war vom Künstler Johannes
Angerbauer vorbereitet worden. Tage zuvor war die Goldplatte in Wien
unterwegs um die Spuren der Auschwitz-Überlebenden Alice Rusz
aufzunehmen, deren familiäre Wurzeln in der Steyrer Rabbinerfamilie
Schleifer zu finden sind. Zurückgekehrt nach Steyr sollte die Platte
Spuren von Flüchtlingen aufnehmen, die vor der Gewalt in ihren
Ländern nach Steyr geflüchtet sind. Die Vertriebenen kamen aus
Bosnien, dem Kosovo, dem Iran, dem Irak, dem Libanon, Tschechien,
Russland und Rumänien. Es sind Spuren von Menschen, deren Schicksal
allzu leicht vergessen wird. Zwei Hammerschläge auf das Glas der
Goldplatte sollte auf die Schicksals-schläge dieser Menschen
hinweisen. Das Zerbrechen des Glases zeigte, dass durch den
Holocaust und die Flucht heutiger Asylanten vieles zerbrochen ist.
Das "Knistern" des zerbrechenden Glases wurde noch in derselben
Nacht ins Internet gestellt. Der private Rahmen im Haus des letzten
Steyrer Juden und die weltweite Veröffentlichung im Internet traten
dabei in eine kreative Spannung. Vertreibung, Gewalt und Verfolgung
sind nicht zu Ende, sondern gehen bis in unsere Tage weiter. Auch
die Gleichgültigkeit diesen Schicksalen gegenüber hat sich kaum
verändert. Johannes Angerbauer lassen diese Schicksale nicht kalt,
er nimmt sie in seine Kunst auf. Er nennt das Kunstobjekt bewusst
"Kristalltag". Die Nationalsozialisten hatten ja das Pogrom am
9.November 1938 'Reichskristallnacht' genannt, weil bei der
Zerstörung der Synagogen und Geschäfte soviel Glas zu Bruch ging.
Johannes Angerbauer geht es also um das Gegenteil von dem was die
Nationalsozialisten gemacht haben. |
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Es geht ihm darum,
dass es "niemals wieder" derartige Brutalität und Menschenverachtung
gibt wie bei den Nationalsozialisten. |
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Es geht ihm darum,
dass es statt Zerstörung den Aufbau des Menschlichen gibt. |
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Es geht ihm darum,
dass nicht unter dem Schutz der Nacht Hass und Niedertracht sich
breit machen, sondern offene, tolerante und gewaltfreie
Kommunikation stattfindet, die das Licht des Tages nicht zu scheuen
braucht. |
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Es
geht ihm um den "Kristalltag", wo das Schicksal der
Schwächeren und Benachteiligten, der Minderheiten und Ausgegrenzten
in den Mittelpunkt rückt. |
Heute
dürfen wir dieses außergewöhnliche Kunstobjekt hier in der
Rathauspassage enthüllen. Es ist ein Ort, der von vielen
unterschiedlichen Menschen frequentiert wird. Es ist aber auch ein
Ort, an dem viele wichtige und folgendschwere Entscheidungen für die
Stadt getroffen werden. Genau hier soll dieses Kunstobjekt das
"Niemals wieder" in Erinnerung rufen und das Schicksal von heutigen
Flüchtlingen und Ausgegrenzten ins Bewusstsein treten lassen. |
Johannes Angerbauer hatte ja
schon 1995 in der Rathauspassage das Kunstprojekt "...noch nicht mit
Erde bedeckt" realisiert. Gold ist nicht nur etwas Glänzendes und
Wertvolles, hatte er damals anhand von neun türgroßen Goldplatten
gezeigt, sondern hat auch eine Kehrseite. An ihm klebt Blut,
Unrecht, Verfolgung und Gewalt. Je mehr Menschen diese Goldplatten
damals betraten desto mehr kamen diese Bilder des Unrechts zum
Vorschein. |
Ich darf Sie alle im Namen von
Johannes Angerbauer, der leider nicht teilnehmen kann, zur heutigen
Enthüllung des Kunstobjektes " Kristalltag" ganz herzlich begrüßen. |
Ich begrüße in Vertretung von Bürgermeister Gerald
Hackl Herrn Vizebg. Wilhelm Hauser. Freue mich, dass auch der für
Kultur zuständige Vizebürgermeister Gunther Mayrhofer da ist und die
Vorsitzende des Kulturausschusses MMag.a Michaela Frech. Darf beide
ganz herzlich begrüßen. Begrüße auch Altbg. Ing. David
Forstenlechner und die Geschäftsführerin des MAW Frau Mag.a Katrin
Auer, die heute auch zu uns sprechen wird. |
Begrüße den Leiter des Kulturamtes der Stadt Steyr Dr.
Augustin Zineder und Pfarrassistentin Mag.a Angelika Paulitsch. |
Herzlich willkommen heiße ich auch die Galeristin von
Johannes Angerbauer, Frau Mag.a Theresa Fischer vom Verein
"Artstation International", die mit dem 'Kristalltagobjekt' bereits
in Sydney, Washington und New York unterwegs war. |
Ich begrüße das Instrumentalensemble des BRG Steyr unter
der Leitung von Mag. Christian Hatzenbichler. |
Ich möchte Sie darauf hinweisen,
dass dieses Kunstobjekt eine außergewöhnliche Finanzierung aufweist.
Ein Drittel der Kosten werden 'demokratisch' d.h. durch die
Bevölkerung von Steyr finanziert. Dazu gibt es sehr schöne Bausteine
mit einem Kippbild, auf dem "Niemals wieder" erscheint, zu € 20.- ,
€ 40.- und € 80.- Ich lade Sie ein sich daran zu beteiligen. |
(Mag. Karl Ramsmaier ist Theologe und Obmann des Mauthausenkomitee Steyr. Zur Homepage des Mauthausenkomitee Steyr) |
Kristalltag Kommentar von Mag. Ramsmaier, 1999, auf socialgold.com |
Kunstprojekt "...noch nicht mit Erde bedeckt" 1995, auf socialgold.com |